Die Prägungen im Leben des Schriftstellers Gustav Regler 2013

Aus Anlass von Gustav Reglers 50.Todesjahr  fanden in 2013 landesweit zahlreiche Veranstaltungen statt, welche die  Bedeutung des gebürtigen Merziger als wichtiger deutscher Exilliterat hervorgehoben haben.
Dazu zählten eine Internationale Tagung „Revisionen“, die Verleihung der posthumen Ehrenmitgliedschaft im Exil-P.E.N, ein Dokutheaterstück, vier  neue Bücher über Regler und mehrere Ausstellungen. Eine davon, nämlich „Prägungen“, ist noch bis Ende Januar im Museum Schloss Fellenberg, Merzig  im  Schriftstelleraum im 1.Obergeschoß zu besichtigen. Laut Pressekommentare handelt es sich um eine „sehenswerte“ Ausstellung, die eine Fülle einmaliger, teils noch nie gezeigter Dokumente bietet. Alles ausschließlich Originale an Handschriften, Briefen, Erstausgaben und weiteren Zeugnisse aus Reglers Schaffen.

Die Kuratoren der Ausstellung, das Gustav-Regler-Archiv Merzig und das  Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass,  haben zur Orientierung durch das wechselvolle Leben und Wirken des Schriftstellers die Schau in  sechs Themenbereiche mit jeweils einem passenden Leitspruch angeordnet. Es handelt sich um Zitate, die Regler selbst so formuliert hat.
Der erste Themenbereich widmet sich in drei Vitrinen mit dem Zitat „In bestimmten Augenblicken schießt in mein Denken immer ein Bibelspruch.“ den Fragen des Glaubens und der Religion, die Regler geprägt haben.
Der starke Wunsch nach Glaubensgewissheit und gleichzeitigen Zweifeln bestimmten sein Leben und Werk.
Obwohl der Schriftsteller die Kirche und ihre Repräsentanten wiederholt vehement kritisierte, blieb er dem römischen Katholizismus seiner Jugend bis in seine späten Jahre verbunden. Dies bezeugt eine Bibel, die er auf Reisen immer mit sich führte.
Religiöse Themen stehen vor allem im Zentrum in zweien seiner frühen Werke, „Zug der Hirten“, eine Bibeladaption und der kirchenkritische Priesterroman „Der verlorene Sohn“.
Reglers Beitritt zur kommunistischen Partei und der schmerzhafte Prozess der Lösung ist auch ein Bestandteil seines Wunsches nach Glaubensgewissheit.
Verbunden mit diesem Wunsch nach Glaubenssicherheit ist gewiss Reglers Hang zum Spirituellen. Davon künden seine Faszination von der mexikanischen Mythologie, wie auch sein in späten Jahren wachsendes Interesse für paranormale Phänomene, denen er sich in seinem letzten Werk, dem Großessay „Hellseher und Scharlatane“ von 1962 intensiv widmete.

Der zweite Themenkreis behandelt die Kriege unter dem Leitmotiv: “The sword of war forbids me the entrance into happiness.”
Drei Kriege haben das Leben von Regler geprägt: Der Erste Weltkrieg, der Spanische Bürgerkrieg und der Zweite Weltkrieg.
Zudem wuchs er in Merzig im Spannungsfeld der deutsch-französischen Grenzkonflikte auf. Die Orden des Großvaters sind in der Ausstellung zu sehen, ebenso wie Reglers Tagebücher und Briefe aus dem 1. Weltkrieg, die seine Erfahrungen in dieser Zeit dokumentieren.
Im Spanischen Bürgerkrieg kämpfte er auf der Seite der Republikaner gegen Franco, seine Erlebnisse schrieb er verdichtet in dem Roman „Der große Kreuzzug“ nieder, von dem ein Skizzenheft ausgestellt ist.
Die Kämpfe des zweiten Weltkrieges erlebte Gustav Regler nicht unmittelbar, doch bestimmten dessen Schrecken sein weiteres Schreiben.

Der dritte Themenkreis ist in 4 Vitrinen der Familie, seinen Frauen und seinem Sohn geschuldet
unter dem Leitmotiv: „Als wenn die Familie nicht der beste Platz wäre, über sich selbst etwas herauszufinden!“
In „Das Ohr des Malchus“ beschreibt Regler den prägenden Einfluss seines Elternhauses. Während er die Mutter als religiös, mit einem Hang zur Romantik, charakterisiert, schildert er den Vater als aufgeklärt-liberalen Zeitgenossen. In seinen Erinnerungen werden die beiden Elternteile zu einem Spiegel der eigenen Widersprüche. Die Korrespondenz mit dem Vater – ein repräsentativer Brief von 1917 ist ausgestellt – unterstreicht dies, ebenso wie die Gedichte von Helene Regler einen Eindruck von ihrem Wesen vermitteln.
Auf seinen Reisen in die Heimat an der Saar wurde er auch oft von seinen Ehefrauen begleitet.
Seine drei Ehefrauen Charlotte Dietze, Marie Luise Vogeler und Peggy Paul waren drei ganz unterschiedliche Charaktere, die Regler, jede auf ihre Weise, stark geprägt haben.
Reglers Sohn Dieter aus der ersten Ehe verstarb 1942 mit 19 Jahren an Diphterie.
Dieser einzige Sohn nimmt in seinem Werk eine Schlüsselstellung ein, was man an Hand der ersten autobiographischen Schrift Gustav Reglers „Sohn aus Niemandsland“ aus den Jahren 1941 bis 1942 ersehen kann.

Unter dem Motto: „Kunst ist immer ein Asyl“ ist die vierte Themenzusammenstellung zu sehen.
In Lebenskrisen suchte Regler häufig Aufbau und Trost in der Kunst.
In der Kunst erschien ihm die erstrebenswerten menschlichen und politischen Ideale begreifbar und vermittelbar dargestellt. Der 1960 abgeschlossene Roman über den Renaissancekünstler Uccello liegt als Typoskript aus und zeugt unter anderem von dieser Affinität zur Kunst.
Auch zahlreiche Künstler begleiteten Reglers Lebensweg, wie Heinrich Vogeler, Wolfgang Paalen, HAP Grieshaber

Literarische Vorbilder und Lektüren prägen jeden Schriftsteller.
Solchen Einflüssen wird im fünften Themenkreis kurz nachgegangen unter dem Zitat „Ich werde etwas zu sagen haben. Es ist doch ein Wertmaßstab da, in mir, in der Zeit. Ich werde nicht untergehen in der Masse des alten!“ Dostojewski, Rilke, Kafka hießen vor allem seine Protagonisten.

Die sechste und letzte Station  der Ausstellung widmet sich dem Verhältnis Gustav Reglers zu seiner Heimat. Es ist überschrieben: „Die Saar, mein Niemandsland zwischen den Wällen, das nur gesunden kann, wenn alle Grenzen ausgewischt sind.“
Seine Beziehung zum Saarland und zu seiner Geburtsstadt Merzig ist vielschichtig und ambivalent. Gewiss zog es Regler von seinem Naturell her in die Zentren der Welt, zugleich hat er aber stets seine innere Verbundenheit mit der Stadt und der Region betont, vor allem im Hinblick auf die verbindende Funktion der Grenze im europäischen Versöhnungsprozess. Dies möchte die Ausstellung mit einigen Dokumenten zum Ausdruck bringen.
Auch in Briefen und Tagebüchern hat er über alle Jahre hinweg die Geschehnisse an der Saar verfolgt: er engagiert sich im Saarkampf 1935 gegen Hitler, seinen ersten Besuch nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 in Merzig hält er bewegend in seinem Tagebuch fest. In Briefen an seine Mutter äußert er sich über die Volksabstimmung 1955.
Und er freut sich, dass er 1960 den ersten in der Sparte Literatur vergebenen Kunstpreis des Saarlandes erhält, deren Urkunde auch zu sehen ist.

Die Ausstellung „Prägungen“ gibt in ihrer Darbietung Leben und Werk von Gustav Regler Kontur, wie es bisher so umfassend noch nicht geschah. Sie wendet sich an Kenntnisreiche, aber ebenso auch an nur unbefangen Neugierige, die den saarländischen Weltbürger entdecken wollen.

Die Ausstellung wird gefördert von der Sparkasse Merzig-Wadern.

Bildhinweis: ©Gustav-Regler-Archiv; Merzig 1932

Dauer der Ausstellung: 17. Oktober 2013 bis 31. Januar 2014

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