Roland Wirtz ist verstorben: Künstler erhält den „Monika von Boch-Preis für Fotografie“ posthum
Der Fotograf und Künstler Roland Wirtz ist verstorben. Bereits 2021 und 2022 sollte der Künstler im Museum Schloss Fellenberg in Merzig mit dem Monika von Boch-Preis für sein Schaffen ausgezeichnet und eine Ausstellung mit seinen Werken ausgestellt werden.
„Wir bedauern den plötzlichen Tod von Roland Wirtz sehr. Ich möchte allen Angehörigen unser tiefes Mitgefühl ausdrücken“, sagt Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich. „Zugleich möchte ich mich von Herzen für den guten Austausch in den vergangenen Tagen bedanken.“ Wegen des ausdrücklichen Wunsches der Familie des Verstorbenen wird die Ausstellung mit Werken von Roland Wirtz wie geplant stattfinden und der Monika von Boch-Preis posthum verliehen. Ein Familienmitglied wird den Preis am Freitag, 3. März, um 18 Uhr im Namen des Künstlers entgegennehmen.
Hier ein kleiner Einblick, auf was sich die Besucher/Besucherinnen freuen können:
Die Fotografie von Roland Wirtz vergisst man nicht. – Wirtz beschreitet in seinem Werk einen sehr persönlichen Weg, der von dem allermeisten abweicht, was man kennengelernt hat. Seine Fotografien sind sehr starke Bilder, die den Betrachter auf Wege schicken, von denen er nicht unbedingt wusste, dass es sie überhaupt gibt. Roland Wirtz wurde 1959 in Köln geboren. Bald zog die Familie nach Saarbrücken, wo der Künstler seine Jugend verbrachte und bis Ende der 1990er Jahre lebte. Heute befindet sich sein Lebensmittelpunkt in Berlin.
In den 1990er Jahren wurde Roland Wirtz bekannt mit Arbeiten, die auf einen der beiden Ursprünge der Fotografie um 1840 zurückgehen: Die Kalotypie. – Ein Begriff aus dem Griechischen, der übersetzt bedeutet: der schöne Druck. Anders als die Daguerreotypie, die gestochen scharfe Bilder auf versilberten Kupferplatten hervorbrachte, ist die Kalotypie durch und durch Papierbild und das erste fotografische Negativverfahren überhaupt.
„Durch und durch“ bedeutet hier, dass Wirtz ein gewöhnliches Papier in allerlei Chemikalien, allem voran Silbernitrat bestreicht. Das so behandelte Papier wird anschließend in der Kamera belichtet. Für eine größere Lichtdurchlässigkeit bei der positiven Kopie wurde das Papier in Bienenwachs getränkt.
Dennoch blieb der Charakter des Bildes immer mit einem Rest poetischer Unschärfe verbunden, ganz im Gegensatz zur technoiden Metallplatte Daguerres.
Sieht er eine Kalotypie, weiß der Betrachter sofort, dass es sich um ein sehr altes Bild, ein sehr altes Verfahren handeln muss. – Roland Wirtz aber studiert historische Anleitungen, baut eigene Kameras, eignet sich das Kalotypieverfahren an und macht Bilder, die das 19. Jahrhundert atmen. Gleichzeitig sieht man Antennen, Autos oder Architektur, die nur im Hier und Jetzt entstanden sein können. Die Irritation kann kaum größer sein. Wirtz dringt direkt ein in philosophische Fragen zu Zeit und Bild.
Stand bei seinen frühen Arbeiten das Abbild im Vordergrund, gewannen Form und Fläche zusehends an Bedeutung. Die letzten Arbeiten aus dieser Periode waren abstrakte Darstellungen bis zu einem Negativformat von 100×100 cm.
Nach diesen Arbeiten widmete sich Roland Wirtz dem Prinzip der Unmittelbarkeit, die der Fotografie innewohnt.
Mithilfe selbst konstruierter, überdimensionaler Kameras werden seine Sujets direkt auf farbiges Fotopapier belichtet. Kein Negativ, keine digitale Nachbearbeitung, kein zweiter Versuch, keine Kopien.
Die Unmittelbarkeit der Bildentstehung macht aus den Werken physische Abbilder des gewählten Ortes, denn die reflektierenden und emittierten Photonen der Bildmotive prägen ihr Bild direkt in das am Ort des Geschehens anwesende Fotopapier.
Wirtz arbeitet noch mit dem legendären Cibachrome Fotopapier der Schweizer Firma Ilford, dessen Produktion 2013 eingestellt wurde. Es sind wortwörtlich die letzten Meter, die er in absehbarer Zeit aufbrauchen wird. In einer Serie, die er „Kairos“ nennt, dokumentiert Wirtz historisch, relevante Orte im Übergang zwischen realer Existenz und Mythos, so den Palast der Republik oder die Danziger Lenin Werft, wo der Widerstand der „Solidarność“ entflammte. Beide Unikate sind in der Ausstellung zu sehen. Auf Cibachrome entstehen auch die Bilder der Serie „Apparition“ mit Blicken aus seinem Berliner Atelierfenster – jedes einzelne entspricht einem unwiederbringlichem Moment, immer am selben Ort fotografiert. Monika von Boch – der Namensgeberin des Preises für Fotografie, die Roland Wirtz 1974 anlässlich eines Atelierbesuches kennengelernt hat, widmet er schließlich eine Rauminstallation, die erstmals in der Ausstellung zu sehen sein wird.
Der Monika von Boch-Preis für Fotografie hat mittlerweile eine lange Tradition und erinnert an die aus Mettlach stammende, renommierte Fotografin Monika von Boch. Seit 2003 wird alle 2 Jahre der Monika von Boch-Preis für Fotografie im Museum Schloss Fellenberg an künstlerisch arbeitende Fotografinnen und Fotografen verliehen. Um mit diesem Preis das künstlerische Lebenswerk der herausragenden Mettlacher Fotografin Monika von Boch (1915-1993) in Erinnerung zu halten.
Dauer der Ausstellung: 5. bis 31.03.2023
Öffnungszeiten: donnerstags, freitags, sonntags von 14 -17 Uhr